Party In My Head: Romans neues Album

Verfasst am Mittwoch, 28. Jul 2010

Seit dem 23.07. steht sie schon in gutsortierten Plattenläden: Die neue, selbstbetitelte CD von Roman Fischer. Das Warten hat ein Ende und ich hatte genug Zeit in die 12 Songperlen reinzuhören. Und dann hab ich mich nicht getraut was zu schreiben, weil ich dachte, dit wird wieda so’n Groupieding, aber Wayne verfasst auch mit Begeisterung Groupiedinger.

Als Opener fungiert die allseits bekannte Single into your head, ihrerseits ein unverschämt tanzbarer Ohrwurm, der alles hat, was ein Popsong heutzutage haben sollte: Seele, Glaubwürdigkeit und gut dosierte Monumentalität. Eben weil der Song bereits bekannt ist, macht er sich super als Einstieg und fasst zudem Romans Programm für das Folgende treffend zusammen: out of my mind and into your head.

Nahtlos schließt sich mit we’ll never meet again eine Reflexion über Fantasien und Hirngespinste ohne doppelten Boden an – liest man zumindest so im Internetz. Beides nichtssagende Beschreibungen, die dem Stück so gar nicht gerecht werden. Es ist irgendwo zwischen fröhlich und verbittert situiert, bleibt aber weder das eine, noch das andere. Der Sound ist einerseits nice and sweet und andererseits springt der Refrain einfach vorwärts und provozoziert beim Hörer einen nachdenklichen Begriffstanz zum alltäglichen Thema “Was wird dit hier eigentlich?!?”: Punkten ging selten einfacher.

Als Drittes kommt die aktuelle Single not for everyone vorbeigetänzelt. Hier treffen wir auch auf einige der schönsten Strophen des Albums. Ein bisschen schimmert in diesem Lied Lady Gagas Fame Monster-Thematik durch. Es könnte um Drogen, falsche Freunde oder Schein und Sein gehen. Es bleibt jedem selbst überlassen, was er/sie in den Lyrics sieht. Es bleibt festzuhalten, dass der beschwingte Beat mit den hübschen Gitarrenriffs einen wieder auf die Tanzfläche drückt und der Song mit dem bombastischsten Refrain der Platte aufwartet.

Ich habe schon mehrmals darauf hingewiesen und werde auch nicht müde es allen mitzuteilen, dass let it go einfach ein Geniestreich ist. Ohne Worte. Doch, eins noch: HAMMER. Oder wie Kelis im Auftrag von Timo Mass sang: “orgasmic for your ears”. Okay, war jetzt mehr als ein Wort.

Mit lightscapes ändert sich die Windrichtung vorläufig. Ernstes Thema, ernstzunehmendes Arrangement. Der Refrain setzt sich deutlich von den etwas anstrengenden Strophen ab und lässt das Stück zu einem lyrisch-melodischen Zwitter mutieren. Als Gesamtpaket überdurchschnittlich faszinierend.

Gitarre, Pianoklänge und unaufregend aufgeregter Gesang markieren beware als Mittelpunkt des Albums. Ein bißchen klingt der Song wie ein Gespenst oder eine Heimsuchung: ruhelos mit eingesprenkelten Harmonien. Irgendwie kann sich das Lied zwischen “auf’s Maul” und “komm, setz dich” nicht entscheiden und ich mich zwischen “find ich gut” und “ah, titel 7″.

Um Diskriminierung, Kleinkariertheit und bornierte Schwachsinnsäußerungen geht es in some other man. Großartig, einfach großartig!

Etwas placebolike klingt sequels zwischendurch, ist aber weder Kopie, noch Hommage, sondern ein 100%iger Roman-Song, so dass jegliche Vergleiche per se hinken müssen. Zuweilen ein Märchenhaftes, was sich da mit ruhigen Tönen und der ewigen Eltern-Problematik zu einem kuschligen Klangteppich verwebt.

out of control ist eine entspannte Pianonummer, die schon seit Monaten auf Romans MySpace-Seite zu hören war. Das Leiseste und mit 2.15 min Kürzeste, was das Album zu bieten hat, addiert definitiv eine weitere Facette zu dem vielfältigen Hörergebnis bzw. -erlebnis.

Ich reihe mich in die Reihe der Leute ein, die sich bei all night all day an die Neue Deutsche Welle erinnert fühlen. Nicht zuletzt, weil Roman zwischen dem Elektrogesausel und den punky Drums deutsche Wortfetzen auf unsere Ohren schmeißt. Ich bin mal ganz ehrlich: Beim ersten Hören auf Romans Konzerten machte sich schon ein WTF-Ausdruck in meinem Gesicht breit, aber es ist irgendwie beeindruckend, dass es ihn kein bißchen zu scheren scheint, wie dit Janze hia beim Publikum ankommt – ganz im Gegensatz zu den vielen deutschsprachigen Bands der letzten Zeit, die immer offensichtlich darum beühmt sind, total nach spontaner Künstlerhaftigkeit zu klingen. Stichwort Bands wie Juli, Juni oder wie die heißen oder Silbermond. Da ich solche Menschenansammlungen und deren Werke immer eher ausgesprochen doof und unglaubwürdig finde, klingt das Deutsch in diesem Lied einfach richtig. Wäre es Englisch, wäre es purer Kitsch. So zwar auch, aber hier kann man stolz darauf sein, dass man das gut findet.

Beschwingt geht es Richtung Albumende mit sooner or later. Ein großes Poplied mit angemessenem Pathos. Hätte ich ein großes Loft, würde ich mit diesem Soundtrack eine Flasche Wein nach der anderen killen und über gemachte und anstehende Fehler nachsinnen.

carpet heißt das Schlusslicht. Als Nichtballadenfan dürfte es Musikern relativ schwer fallen, mich mit einem solchen Lied zu begeistern. Hier allerdings nicht. Ich habe mir natürlich mein Lieblingslied als Ausklang gewünscht, aber man kriegt ja nicht immer, was man will. Zum Glück. Dieser ruhige Punkt scheint die bessere Wahl und man wird mit dem Wunsch nach mehr zurückgelassen. Dit kann aba erfahrungsjemäß bissel dauern, daher drück ick einfach uff Repeat.

Das schwarzweiße Cover hält, was es im Pop-Regal liegend verspricht: Unkomplizierte, aber nichtsdestotrotz anspruchsvolle Songs, die jederzeit den Spagat zwischen kalter, eleganter Urbanität und ehrlichem, herzerwärmendem Handwerk schaffen. Trotz kleiner Schwächen ein bewundernswertes, wenn nicht beneidenswertes Paket. Um weitere b-Wörter anzufügen: Bereichernd in jeder Beziehung!

Wer mir das alles nicht glaubt, kann sich hier selbst überzeugen:

ROMAN FISCHER: Roman Fischer
Label: Vertigo Berlin (Universal)
VÖ: 23.07.2010

http://www.romanfischer-music.de/
http://www.myspace.com/romanfischer
http://www.vertigo.fm/

Über mich

Mein Name ist Alex und ich verfasse hier originelle Beiträge zum Werte-verfall. Mehr über mich erfährst du hier. Solltest du mir irgendetwas mitteilen wollen, dann kannst du dies gern hier tun. Viel Spaß!

Ohrwurm